Bereits seit mehreren Wochen mobilisieren rassistische Hetzer_innen verschiedener rechter Strömungen gemeinsam zu einem Aufmarsch am 02. April in den Ostberliner Randbezirk Hellersdorf. Unter dem Motto „Sicherheit statt Angst“ macht die „Bürgerbewegung Marzahn-Hellersdorf“ via Facebook sowie mit Flyern mobil und scheint dabei auf eine Menge offener Ohren aus der organisierten Neonaziszene, aber durchaus auch aus nicht organisierten Kreisen zu stoßen. Durch die ekelhafte Hetze gegen Geflüchtete, Verbreitung von Lügen über angebliche Straftaten durch „Fremde“ und das Schüren von perfiden „Ängsten“ vor einer „Überfremdung“ Marzahn-Hellerdorfs, sprechen sie auch vielen Menschen der sogenannten “bürgerlichen Mitte” aus dem Herzen.
Allerdings ist aufgrund der eher schwachen Mobilisierung jenseits des Internets äußerst schwer abzuschätzen, mit welcher Anzahl an Teilnehmer_innen die Veranstalter_innen zu rechnen haben, ähnlich wie bei der Mobilisierung zum 12.03.2016 („Merkel muss weg“). Hier haben sich viele, uns eingeschlossen, auf die Informationen und Einschätzungen von verifizierten Recherchegruppen verlassen, anstatt eigene Kontakte zu befragen und Konzepte zu entwickeln. Fakt ist, dass von Enrico Stubbes ehemaligen Weggefährten Patrick Krüger, Rene Uttke, Kai Schuster und Daniela Fröhlich ein Haufen Nazischweine an der Organisation der kommenden Demo beteiligt sind, die sich bereits in den vergangenen Monaten einen Namen durch diverse rassistische Aktionen im Berliner Osten gemacht haben.
Es ist somit davon auszugehen, dass die Demo ein Anziehungspunkt für die über die Berliner Stadtgrenzen hinausgehende(n) Anhängerschaft(en) der NPD, der Partei „die Rechte“, des „Dritten Wegs“, sowie der „Freien Kräfte“ sein könnte und zudem ein hohes Anknüpfungs-Potential für „besorgte Bürger_innen“ hat.
Wie zurzeit vielerorts in Deutschland, steigt die Qualität und Quantität rassistisch motivierter Anschläge und Übergriffe auch in Marzahn-Hellersdorf. Besagter Kiez zeichnet sich schon lange durch offene Hetze gegen Geflüchtete aus und war einer der Vorreiter der mittlerweile bundesweiten „Nein-zum-Heim-Kampagne“.
Die rechte Hetze kommt nicht von ungefähr, sondern wird durch alle parlamentarischen Parteien und ihre Scharfmacher_innen getragen. Während der Zustand vor dem LaGeSo weiterhin unmenschlich ist, neben dem NSU weiterhin Terrorzellen existieren, suggeriert die herrschende Klasse in Deutschland eine vermeintliche Willkommenskultur und schreibt die fast täglichen Brandanschläge auf Flüchtlingsheime einer angeblich kleinen Minderheit zu. Aus dem Munde eben dieser Politiker_innen, die vor kurzem mit ihrem „Asylpaket II“ einen weiteren erfolgreichen Schritt hin zur Abschaffung des Rechts auf Asyl getan haben, bekommen wir dann dieselben heuchlerischen Phrasen zu hören, wie eh und je, wenn die nächste Unterkunft in Flammen aufgegangen ist. Es wird höchste Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen: durch praktische Solidarität gegenüber denen, die Hilfe brauchen, aber gleichwohl durch konsequente und offensive Angriffe gegen die, die sie verdienen.
„Merkel muss Weg“-Demonstration
Der Naziaufmarsch am 12.03. war der zweitgrößte neben dem der AfD in der letzten Zeit in Berlin. Dass dieser nicht effektiv gestört wurde, ist natürlich zum kotzen. Fakt ist auch, dass gerade das Regierungsviertel in Berlin in kürzester Zeit von den Schweinen zu einer kameraverseuchten Festung abgeriegelt werden kann, in dem etablierte Aktionsformen von linksradikaler Seite nicht umsetzbar sind. Es bleibt demnach beim „friedlichen Protest“ in Sicht- und Hörweite. Lichtblicke waren die beiden Spontis mit mehreren hundert Menschen, die die Bullen aus dem Konzept gebracht haben und Möglichkeiten für direkt Aktionen geschaffen haben. Beispielsweise wurde der Showroom der Bundeswehr in diesem Zusammenhang markiert. Diese Form des Widerstandes ist eine Möglichkeit, eine andere wäre eine gezielte Out-of-Control-Strategie in der näheren Umgebung um Kapazitäten der Schweine zu binden.
Auch müssen wir realistisch sein: Aufmärsche von Faschisten werden in den nächsten Jahren öfter mehr Teilnehmer_innen als die Gegenprotest von linksradikaler Seite anziehen. Grund hierfür ist auch das derzeitige Wiedererstarken einer deutsch-nationalen Identität die sich bspw. an dem Erfolg von rechtspopulistischen Parteien widerspiegelt. Resignation und interne Schuldzuweisungen sind hierbei unserer Meinung nach die falschen Ansatzpunkte, vielmehr müssen wir von einer Konsumhaltung Abstand nehmen und nicht darauf warten „einfach irgendwo mitmachen zu können“.
Ein Naziaufmarsch in Hellersdorf kann hierfür ein Anfang sein und einen Grundstein setzen für mehr. Die oben bereits erwähnte Out-of-Control-Strategie könnte auch in Marzahn-Hellersdorf eine Möglichkeit sein, um mehr als eine Zweifronten Situation zu schaffen. Wenn es nicht möglich ist, einen Naziaufmarsch zu verhindern, kann dieser effektiv durch dezentrale Aktionen geprägt werden.
„Ständiges Ziel polizeilicher Großeinsätze ist es, den aufsässigen Elementen ihre Chancenlosigkeit zu beweisen. Dies wird erreicht, indem die Bullen den Zeitpunkt, den Ort und das Konfliktniveau bestimmen. Darauf dürfen wir uns nicht einlassen! Wir müssen selbst genau diese Kriterien für unsere Aktionen bestimmen: Zeitpunkt, Ort und Konfliktniveau.“ (urbanresistance.noblogs.org)
Die Situation in Hellersdorf ist durchaus eine andere als im Regierungsviertel! Wir möchten abschließend an den 01. Februar 2016 in Weißensee erinnern: dort wurde Dank vieler mutiger Genoss_innen, ein Naziaufmarsch im Osten der Stadt durch eine Out-of-Control-Strategie stark beeinträchtig. Dies kann nur ein Anfang gewesen sein! Durch mehr kreative und entschlossene Menschen die sich bereits im Vorfeld organisieren und vorbereiten kann der Naziaufmarsch in Hellersdorf ein Desaster werden für alle anwesenden Nazis und Schweine!
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