Mehreren Medienberichten ist zu entnehmen, dass der Diktator der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan, bereits am Donnerstag den 27.09. um 22:00 Uhr Ortszeit im militärischen Bereich des Flughafens Berlin Tegel landen wird. Nach der Ankunft in Tegel wird Erdogan zum Pariser Platz eskortiert. Bisher wird die Wegstrecke geheim gehalten.
Es ist aber davon auszugehen, dass der Transport des Diktators und seiner Begleitung, wie bei vergangenen Staatsbesuchen über den Kurt-Schumacher-Damm, Jakob-Kaiser-Platz und Tegeler Weg, am Luisenplatz links auf die Otto-Suhr-Allee bis Ernst-Reuter-Platz und dann über den 17. Juni in das Regierungsviertel führen wird, wo er bis zur Abreise am 29.09. im Hotel „Adlon“ untergebracht ist. Für die Unterkunft des Diktators wurde eigens eine 185 Quadratmeter große Präsidentensuite im vierten Stock angemietet. Die Begleitung Erdogans, die als „weniger gefährdet“ eingestuft wird, ist für den Zeitraum des Staatsbesuches im „Westin Grand“ an der Friedrichstraße untergebracht.
Das veröffentlichte Programm des Besuchs sieht bisher folgende Punkte vor: Donnerstag: Ankunft und Unterbringung im Hotel „Adlon“ am Pariser Platz, unweit des Brandenburger Tors. Freitag: Empfang am Vormittag durch den deutschen Bundespräsidenten und Folterfreund Steinmeier samt „militärischen Ehren“ am Schloss Bellevue. Nach dem Empfang wird sich Erdogan mit Berlins Bürgermeister Michael Müller treffen. Für den Nachmittag ist ein gemeinsames Essen mit der deutschen Bundeskanzlerin Merkel im Bundeskanzleramt angesetzt, um im Anschluss Kränze an der Zentralen Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, Unter den Linden, niederzulegen. Am Freitagabend wird Erdogan mit Steinmeier zum Staatsbankett im Schloss Bellevue zusammenkommen. Samstag: Weiteres Treffen mit Angela Merkel und Abreise des Despoten aus Berlin. Ibrahim Kalin, Sprecher und Berater Erdogans, hielt sich bereits in Berlin auf um den Staatsbesuch vorzubereiten.
Derzeit ist davon auszugehen, dass es sich Erdogan nicht nehmen lassen wird, während seines Aufenthaltes in Deutschland vor seinen Anhängern zu sprechen. Anfragen für geeignete Orte laufen aktuell für den 29.09. in Berlin und Köln. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat die deutsche Regierung noch kein grünes Licht für den Auftritt des Despoten in Berlin gegeben. Ob es dabei bleibt, wird sich nach dem Besuch des deutschen Außenministers Heiko Maas (SPD) in der Türkei herauskristallisieren. Maas wird vom 5.-6. September in Ankara und Istanbul mit Erdogan und dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu zusammentreffen. Exakt eine Woche vor dem Besuch Erdogans in Berlin wird Erdogans Schwiegersohn und derzeitiger Türkischer Finanzminister Berat Albayrak am 21.09. in Berlin auf seinen deutschen Amtskollegen Olaf Scholz treffen.
Die Deutsch – Türkischen Beziehungen florieren nach wie vor, trotz allen schauspielhaften medialen Eskalationen der vergangen Jahre und Monate. Dies verdeutlichen nicht nur die zahlreichen wechselseitigen Besuche, sondern vor allem die fortdauernden Waffenlieferungen, die andauernde Repression gegen hier lebende Kurd*innen und Türkische Oppositionelle sowie die weitreichenden Verflechtungen der ultra-nationalistischen „Grauen Wölfe“ mit der bundesdeutschen Politik und die sich weiter im Ausbau befindliche Kooperation der (Inlands-) Geheimdienste, inklusive der Deckelung von ca. 6000 Informanten des Türkischen Geheimdienstes (MIT) hierzulande.
5000 Bullen, SEK, GSG-9, Präzisionsschützen, Bundeswehr, Sicherheitszonen
Bereits kurz nach dem bekannt werden des konkreten Datums des Besuchs Erdogans in Berlin, ließen die Berliner Repressionsbehörden verlauten das der Einsatz rund um den Staatsbesuchder schwierigste seit dem Jahr 2002 werden wird. 2002 war der damalige US-Präsident, Massenmörder und Kriegstreiber, George W. Bush in Berlin zu Gast. Für den Schutz des Aufenthaltes Buschs waren mehr als 10.000 Bullen eingesetzt. Weiter heißt es das man sich in deutschen Sicherheitskreisen vor der Mobilisierung der „Autonomen Szene“ und dem Schulterschluss deutscher „Linksextremer“ mit der PKK sorge.
Für den Erdogan Besuch stehen nun die ersten Zahlen und Details fest. Der Diktator unterliegt für den Zeitraum des Besuchs der Sicherheitsstufe 1. Das bedeutet das die Sicherheitsvorkehrungen zusätzlich erhöht werden. Der Bereich rund um das Brandenburger Tor wird faktisch zur (militarisierten) Sicherheitszone deklariert in der weder Autos, Fahrräder noch größeren Behälter abgestellt werden dürfen. Straßenzügen werden vollständig gesperrt, die Bundeswehr kontrolliert den Luftraum, Taucher werden umliegende Gewässer nach Bombe absuchen, Gullys werden verschweißt, Versorgungsschächte verplombt und Papierkörbe abmontiert. Anwoher*innen dürfen ihre Fenster nicht öffnen, falls sie es doch tun, werden sie von positionierten Scharfschützen ins Visier genommen. Hinzu kommen die GSG 9 und SEK Einheiten aus mehreren Bundesländern sowie Interventionsteams und Präzisionsschützen des SEK. Zusätzlich werden 5000 Bullen eingesetzt sein und es wurden 21 Unterstützungseinheiten aus anderen Bundesländern angefordert. Diese Präsenz wird insbesondere bei den Demonstrationen die sich gegen den Besuch Erdogans richten spürbar sein.
Wen ihr an Demonstrationen teilnehmt achtet auf euer Äußeres. Eine Sonnenbrille, Mütze und Schal können in diesen Tagen hilfreich sein. Die Deutschen sowohl als auch die Türkischen Sicherheitsbehörden werden in den Tagen des Besuchs ein gesteigertes Interesse daran haben wer sich, wie, wann und wo an Protesten beteiligt. Wie weit die Verbindungen der Türkischen Sicherheitsbehörden und deren Agenten hierzulande reichen, wurde eingangs bereits beschrieben. Welche Dimension dieses „Interesse“ annehmen kann zeigten die beinah tödlichen Schüsse auf Deniz Naki im Januar diesen Jahres. Die Schüsse auf Deniz Naki stellen jedoch nur die Spitze des Eisbergs dar. Einschüchterung, Drohungen, Verfolgung und Übergriffe gehören für viele hier lebend Kurde*innen, Türk*innen und Kritiker des Regime Erdogans zum Alltag. Fernab der Sicherheitsbehörden, ist davon auszugehen das in den Tagen rund um den Besuch mit gesteigerten Aktivitäten von AKP Anhänger*innen, Regime Fans und türkischen Ultra–Nationalisten (Bozkurts) zu rechnen ist. Diese werden es nicht nehmen lassen „ihren Präsidenten“ zu sehen und im Fall des Falles Gegner*innen Erdogans anzugreifen. Wir schreiben das nicht um Panik zu schüren, sondern um aufzeigen was mit dem Besuch Erdogans einhergeht und welche „Gegenmaßnahmen“ Menschen treffen können.
Großdemonstration am Samstag – Bundesweite Mobi
Ein breites Bündnis aus kurdischen, türkischen, antifaschistischen, internationalistischen und feministischen Gruppen ruft für Samstag den 29.09. ab 12:00 Uhr zur Großdemonstration beginnend am Berliner Alexanderplatz auf. Die Mobilisierung zur Demonstration hat einen bundesweiten Charakter und wird bereits jetzt in verschiedensten Städten beworben. Wir sind zuversichtlich, dass in den nächsten Wochen noch andere Demonstrationen und Aktionen organisiert und beworben werden.
Allen „Unentschlossenen“ legen wir nahe, sich über den historischen Charakter des Besuchs und der damit verbunden politischen Auswirkungen und Handlungsoptionen bewusst zu werden. Weiter sollten „wir“ uns vor Augen führen, über welch enorme Relevanz die Proteste am Wochenende des Besuchs verfügen und wie zwingend notwendig konsequente internationalistische und antifaschistische Praxis in Zeiten wie diesen ist. Die Materialien des Bündnisses „Erdogan not Welcome“ sowie die (Mobi-) Plakate, Aufkleber und Sticker der Antifaschistischen Koordination 36 findet ihr in Berlin in folgenden Buchläden:
Oh*21 | Oranienstr. 21 | 10999 Berlin | Kreuzberg 36 |
Schwarze Risse | Mehringhof | Gneisenaustr. 2A | 10961 Berlin | Kreuzberg 61
Zur schwankenden Weltkugel | Kastanienallee 85 | 10435 Berlin-Prenzlauer Berg |
Aufrufe und Aktionen im Vorfeld des Besuchs Erdogans in Berlin
In den letzten Wochen sind zahlreiche Spektren übergreifende Aufrufe erschienen, die sowohl zur Großdemonstration am Samstag den 29.09. mobilisieren, als auch dazu aufrufen, gegen den Besuch des Despoten auf allen Ebenen aktiv zu werden. Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Tagen und Wochen noch weitere dazu kommen werden und publizieren an dieser Stelle alle uns bekannten Aufrufe und Hintergrundartikel sowie eine Übersicht von bisher veröffentlichten Aktionen, die sich gegen den Besuch des Despoten, die deutschen Waffenproduzenten und deren Unterstützer*innen, die am schmutzigen Krieg in Kurdistan profitieren, richten.
Aufrufe und Hintergrundartikel
Aufruf zur Großdemonstration am 29.09. | https://erdogannotwelcome.wordpress.com/aufruf/
Liebig34 – Erdoğan – Ein homophober Diktator | https://erdogannotwelcome.wordpress.com/2018/08/29/erdogan-ein-homophober-diktator/
Bündnis der Êzîdischen Jugend e.V. – Schluss mit der êzîden-/kurdenfeindlichen Politik der Türkei! | https://erdogannotwelcome.wordpress.com/2018/08/29/schluss-mit-der-eziden-kurdenfeindlichen-politik-der-turkei/
Gemeinsam Kämpfen – Gegen Erdogan zu kämpfen heißt gegen das Patriarchat zu kämpfen! | https://erdogannotwelcome.wordpress.com/2018/08/29/gegen-erdogan-zu-kampfen-heist-gegen-das-patriarchat-zu-kampfen
Rote Hilfe International – Erdogan versenken! | https://de.indymedia.org/node/23637
Rigaer94 – Staatsbesuche zum Desaster machen | https://de.indymedia.org/node/23657
Kollektiv X – Dem deutsch-türkischen Staatsterror das Handwerk legen! | https://de.indymedia.org/node/23650
Liebig34 – Erdoğan vertreiben, Liebig34 verteidigen! | https://de.indymedia.org/node/23780
Studierende Frauen aus Kurdistan (JXK) – Erdogan Not welcome! | http://www.yxkonline.org/index.php/12-news/635-erdogan-not-welcome
Indymedia Kategorie zur Veröffentlichung von Artikeln
https://de.indymedia.org/taxonomy/term/2654
Aufrufe,Updates und Hintergründe zum TagX | vor dem bekannt werden des Datums
Aufruf zum Tag X | https://de.indymedia.org/node/19096
Erdoğan kommt – Tag X | https://de.indymedia.org/node/19278
Die Türkei vor den (Neu)-Wahlen – Erdogan in Berlin?! | https://de.indymedia.org/node/22089
Kurzupdate zum TagX – Erdogan kommt (voraussichtlich) Ende September | https://de.indymedia.org/node/23179
Update zum TagX – Erdogan kommt am 28.September | https://de.indymedia.org/node/23382
Pressespiegel zum bevorstehenden Erdogan Besuch | https://de.indymedia.org/node/23309
Graffiti Video | https://de.indymedia.org/node/22524
Aktionen mit Bezug zum Besuch von Erdogan
07.08. | Leipzig | DITIB einfärben | https://de.indymedia.org/node/23374
08.08. | Berlin | Feindliche Nachschublinie angegriffen | https://de.indymedia.org/node/23410
21.08. | Berlin | Krieg dem Krieg! Feuer für die DGAP | https://de.indymedia.org/node/23652
30.08.| Berlin | Krieg, Waffenhandel Erdoganbesuch und eine Sachbeschädigung | https://de.indymedia.org/node/2387
02.09.| Berlin | Kampf den Kriegsprofiteuren- Erdogan not welcome | https://de.indymedia.org/node/23945
06.09. | Leipzig | Angriff auf Commerzbank – Nieder mit Erdogan | https://de.indymedia.org/node/24081